Studien aus den Bereichen Pharma, Ernährung und Gesundheit versprechen Lösungen für viele Probleme – doch wie glaubwürdig sind Ergebnisse, wenn profitorientierte Unternehmen sie finanzieren?
Unerwünschte Studienergebnisse? Kein Problem. Willkommen im Business, wo Wahrheit stört und Schweigen sich lohnt.

Im Bereich Pharma, Ernährung und Gesundheit gibt es verschiedene Arten von Studien, die auf unterschiedliche Fragestellungen und Zielsetzungen ausgerichtet sind. Sie können nach Ziel, Design und Methodik unterteilt werden. Beispiele:

A) Studienarten im Bereich Pharma / Gesundheit

  • Klinische Studien
    • Phase I: Testet Sicherheit und Verträglichkeit eines neuen Medikaments an einer kleinen Gruppe gesunder Freiwilliger.
    • Phase II: Erforscht die Wirksamkeit und weitere Sicherheit des Medikaments an Patienten mit der Zielkrankheit.
    • Phase III: Bestätigt die Wirksamkeit, überprüft Sicherheit und Nebenwirkungen an einer größeren Patientengruppe. Wichtig für die Zulassung durch Regulierungsbehörden (z.B. FDA, EMA).
    • Phase IV: Nach der Marktzulassung zur Überwachung der Langzeitsicherheit und -wirksamkeit des Medikaments.
  • Beobachtungsstudien (z. B. Kohorten- oder Fall-Kontroll-Studien): Beobachten Gruppen von Menschen, ohne einzugreifen, um Zusammenhänge zwischen Risikofaktoren und Krankheiten zu erkennen.
  • Querschnittsstudien (Cross-Sectional): Erfassen den Gesundheitszustand oder das Verhalten einer Gruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt.
  • Interventionsstudien: Prüfen, wie gezielte Veränderungen (z. B. Ernährung, Medikamente, Lebensstil) die Gesundheit beeinflussen. Dazu gehören auch randomisierte kontrollierte Studien (RCTs).
  • Pre-Post-Studien: Vergleichen die Situation vor und nach einer Maßnahme, um deren Wirkung zu beurteilen.

B) Studienarten im Bereich Ernährung

  • Ernährungsinterventionsstudien:
    • Randomisierte kontrollierte Studien (RCT): Der „Goldstandard“ – sie testen gezielt, wie sich eine bestimmte Ernährungsumstellung auf die Gesundheit auswirkt.
    • Prospektive Kohortenstudien: Beobachten über längere Zeit, wie sich die Ernährung auf das Krankheitsrisiko auswirkt.
  • Ernährungsbeobachtungsstudien:
    • Querschnittsstudien: Schauen zu einem bestimmten Zeitpunkt, wie Ernährung und Gesundheit zusammenhängen.
    • Kohortenstudien: Beobachten Menschen über längere Zeit, um den Einfluss von Ernährung auf Krankheiten zu untersuchen.
  • Meta-Analysen und systematische Übersichtsarbeiten: Fassen viele Studien zusammen, um ein umfassenderes Bild über Ernährung und Gesundheit zu bekommen.

Häufig durchgeführte Studien

Im Bereich Pharma sind klinische Studien (insbesondere Phase III) am häufigsten, weil sie direkt mit der Zulassung neuer Medikamente verbunden sind. 
Im Bereich Ernährung sind Beobachtungsstudien und Interventionsstudien die häufigsten, da sie langfristige Daten zu den Auswirkungen von Ernährung auf die Gesundheit sammeln. Kohortenstudien sind besonders gängig, da sie über längere Zeiträume Daten sammeln und Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit untersuchen können.

Studienanmeldung

In den meisten Ländern gibt es Registrierungspflichten. Diese dienen der Transparenz, um sicherzustellen, dass alle Studien öffentlich zugänglich sind und nicht aufgrund von negativen Ergebnissen unterdrückt werden. Studien müssen i.d.R. detaillierte Informationen wie Ziel, Methodik und geplante Ergebnisse angeben.

  • Pharma-Studien:
    • In der EU müssen klinische Studien in einer öffentlichen Datenbank wie EudraCT (European Clinical Trials Database) registriert werden.
    • Weltweit: Viele internationale Forschungsrichtlinien verlangen eine Registrierung bei ISRCTN (International Standard Randomised Controlled Trial Number) oder anderen anerkannten Datenbanken.
  • Ernährungs- / Gesundheitsstudien:
    • Ernährungsstudien müssen in vielen Fällen ebenfalls registriert werden, insbesondere wenn es sich um randomisierte kontrollierte Studien handelt, die direkte Auswirkungen auf die Gesundheit von Teilnehmern haben.
    • Beobachtungsstudien und Meta-Analysen sind in der Regel nicht verpflichtet, vorab registriert zu werden, außer sie beinhalten experimentelle Designs.

Studien von Interessenverbänden / wissenschaftliche Studien / Forschungsstudien

  • Studien von Interessenverbänden
    • Werden von Organisationen durchgeführt / finanziert, die z.B. wirtschaftliche, politische oder gesellschaftliche Ziele verfolgen.
    • Sie können wertvolle Informationen liefern, aber es besteht das Risiko, dass die Ergebnisse durch die Interessen der Geldgeber beeinflusst sind (Bias *1).
  • Wissenschaftliche Studien
    • Werden nach wissenschaftlichen Methoden durchgeführt, oft von Universitäten oder unabhängigen Forschungsinstituten.
    • Sie folgen strengen Standards, um Objektivität und Reproduzierbarkeit sicherzustellen.
    • Die Finanzierung kann aus öffentlichen oder privaten Mitteln stammen, aber Transparenz über Geldquellen und Methodik ist entscheidend.
  • Forschungsstudien
    • Ein breiter Begriff, der grundsätzlich jede Art von Studie umfasst, die im Rahmen einer Forschung durchgeführt wird.
    • Sie können sowohl wissenschaftlicher Natur sein als auch von Unternehmen oder Interessenverbänden durchgeführt werden.
    • Der Begriff selbst sagt noch nichts über die Qualität oder Unabhängigkeit der Studie aus.

Auftraggeber & Finanzierung von Studienarten

Im Bereich Pharma / Ernährung gibt es verschiedene Akteure, die Studien in Auftrag geben und finanzieren. Wer diese Studien bezahlt, beeinflusst oft ihre Fragestellung, Methodik und Veröffentlichung. Wenn Studien nicht die gewünschten Ergebnisse liefern, kann das verschiedene Konsequenzen haben. Beispiele:

Studienart

Auftraggeber / Finanzierende

Ziel / Motivation

Grundlagenforschung

Universitäten, staatliche Förderprogramme wie DFG, EU-Förderung

Verständnis biologischer Mechanismen ohne direkte wirtschaftliche Interessen

Wissenschaftliche Studien (unabhängig)

Öffentliche Forschungseinrichtungen, gemeinnützige Organisationen

Objektive Erkenntnisse zu gesundheitlichen Auswirkungen von Medikamenten oder Nahrungsmitteln

Industrie-finanzierte Studien

Pharmaunternehmen, Lebensmittelhersteller, Interessenverbände

Entwicklung und Vermarktung von Produkten, Nachweis der Wirksamkeit

Auftragsforschung durch CROs (Contract Research Organizations)

Pharma-, Biotech-, Lebensmittelkonzerne

Durchführung klinischer Studien, oft im Auftrag von Firmen

Marketing- / PR-Studien

Unternehmen / Lobbygruppen wie Zucker-, Milch-, Fleischindustrie

Unterstützung einer bestimmten Produktstrategie / politischen Entscheidung

Meta-Analysen / systematische Reviews

Unabhängige Wissenschaftler oder Industrie

Zusammenfassung mehrerer Studien zur Evidenzbewertung (Industrie kann Einfluss nehmen durch Studienselektion)

  • Pharmaunternehmen: Finanzieren die meisten klinischen Studien, da diese für die Marktzulassung ihrer Produkte entscheidend sind.
  • Akademische Institutionen / öffentliche Organisationen: Erhalten oft Fördermittel von staatlichen Stellen, um unabhängige, wissenschaftliche Forschung zu betreiben.
  • Private Investoren / Stiftungen: Finanzieren oft Studien, da sie an langfristigen Gewinnen interessiert sind.

  • Lebensmittelunternehmen: Finanzieren häufig Studien, die die gesundheitlichen Vorteile ihrer Produkte hervorheben sollen (z.B. Milchindustrie, Zuckerindustrie).
  • Regierungsorganisationen: Für öffentliche Gesundheitsstudien zur Ernährung sind staatliche Institutionen oft die Geldgeber (z.B. WHO, nationale Gesundheitsbehörden).
  • Unabhängige Organisationen: Stiftungen / unabhängige Forschungseinrichtungen finanzieren Studien zu Ernährung und Gesundheit ohne wirtschaftliche Interessen.

Folgen von Studien mit unerwünschten Ergebnissen

Wenn eine Studie nicht die erwarteten oder gewünschten Ergebnisse zeigt, kann je nach Auftraggeber und Motivation Folgendes passieren:

1. Pharmaunternehmen

  • Nichtveröffentlichung (Publication Bias *1): Studien mit negativen Ergebnissen werden gar nicht erst veröffentlicht.
  • Neuauswertung der Daten: Durch selektive Analyse (z.B. Post-hoc-Analysen) wird versucht, positive Ergebnisse herauszustellen.
  • Änderung der Studiendesigns: Eine Folgestudie wird mit leicht veränderten Parametern durchgeführt, bis positive Ergebnisse erreicht werden.
  • Marketing-Taktiken: Selbst bei ungünstigen Daten können bestimmte Aspekte herausgestellt oder Nebenwirkungen heruntergespielt werden.

Beispiel: Der Skandal um Antidepressiva wie SSRI. Der Vorwurf: Aggressive Vermarktung sogenannter Glückspillen unter Inkaufnahme eines (bekannten) Suizidrisikos.

2. Lebensmittel- und Ernährungsindustrie

  • Veröffentlichung mit Spin: Die Ergebnisse werden so formuliert, dass sie dennoch positiv klingen („Keine schädlichen Effekte nachgewiesen“ statt „kein Nutzen gefunden“).
  • Industrie-finanzierte Expertenmeinungen: Wissenschaftler, die für die Branche arbeiten, kommentieren die Ergebnisse positiv.
  • Verlagerung der Aufmerksamkeit: Falls ein Produkt in Verruf gerät (z.B. Zucker in Softdrinks), wird eine andere Ursache für das Problem gesucht (z.B. Bewegungsmangel).

Beispiel: Softdrinks & Übergewicht – Forscher behaupten plötzlich, Coca-Cola sei nicht schädlich

3. Wie erkennt man potenziell verzerrte Studien?

  • Wer hat die Studie finanziert? → Interessenkonflikte?
  • Wurde sie peer-reviewed? → Veröffentlichung in einer renommierten Fachzeitschrift?
  • Sind alle Daten zugänglich? → Open Data oder selektive Berichterstattung?
  • Gibt es widersprüchliche Studien? → Wird das Gesamtbild betrachtet oder nur einzelne Studien zitiert?
  • Gibt es alternative Erklärungen? → Kausalität oder nur Korrelation?

Zurückhalten von Studienergebnissen

Das Zurückhalten von Studienergebnissen – insbesondere, wenn es absichtlich geschieht, weil das Ergebnis nicht dem gewünschten Ergebniss entspricht – kann ernsthafte Konsequenzen haben, je nach Kontext und Art der Studie. Beispiele:

1. Wissenschaftliche Integrität & Ethik: In der Forschung ist es ein klarer Verstoß gegen die wissenschaftliche Ethik, Ergebnisse zu unterdrücken, nur weil sie „unerwünscht“ oder „negativ“ sind.

  • Viele Fachzeitschriften und Universitäten fordern eine vollständige und ehrliche Veröffentlichung, unabhängig vom Ergebnis.
  • In der medizinischen Forschung (z.B. klinische Studien) müssen Ergebnisse oft registriert und veröffentlicht werden – auch wenn sie negativ oder nicht signifikant sind.

2. Rechtliche Konsequenzen: Je nach Art der Studie können rechtliche Konsequenzen folgen:

  • Medizin & Pharmazie:
    • In vielen Ländern (z.B. EU, USA) müssen klinische Studien registriert und deren Ergebnisse veröffentlicht werden.
    • Das Unterlassen kann zu Geldstrafen, Lizenzproblemen oder sogar gerichtlichen Klagen führen.
  • Öffentlich finanzierte Forschung:
    • Studien, die durch Steuergelder gefördert werden, haben oft die Pflicht zur Transparenz und Veröffentlichung.
    • Wird diese Pflicht verletzt, kann das zu Fördermittelentzug oder Ausschluss von zukünftigen Projekten führen.

3. Graubereiche & Realität:

  • In der Praxis passiert es dennoch oft, dass „unerwünschte“ Ergebnisse nicht veröffentlicht werden (Publikationsbias *1).
  • Besonders in der Industrieforschung (z.B. bei Pharma- oder Lebensmittelunternehmen) kann es zu strategischem Zurückhalten kommen – allerdings mit Risiko.
  • Whistleblower oder Wettbewerber können solche Praktiken öffentlich machen, was zu Reputations- und Imageschäden oder rechtlichen Konsequenzen führen kann.

*1 Bias (Verzerrung)

Bias bedeutet, dass das Ergebnis einer Studie verfälscht sein kann – nicht durch Zufall, sondern durch systematische Fehler im Studiendesign, bei der Datenerhebung oder -auswertung. Das kann dazu führen, dass Studien falsche oder einseitige Schlüsse ziehen.

Häufige Arten von Bias

  • Selection Bias (Auswahlverzerrung): Die Teilnehmer wurden nicht zufällig oder nicht passend ausgewählt → das Ergebnis ist nicht auf die Allgemeinheit übertragbar.
  • Recall Bias (Erinnerungsverzerrung): Besonders bei Fragebögen – z. B. wenn sich Erkrankte besser oder anders an ihre Ernährung erinnern als Gesunde.
  • Observer Bias (Beobachterverzerrung): Der/die Forschende beeinflusst (unbewusst) die Ergebnisse durch Erwartungen oder Vorannahmen.
  • Publication Bias (Publikationsverzerrung): Studien mit positiven oder „erwünschten“ Ergebnissen werden eher veröffentlicht als solche mit neutralen oder negativen Ergebnissen.


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FAZIT: In den Bereichen Pharma, Gesundheit und Ernährung regieren nicht Vernunft und Wissenschaft – – sondern knallharte Profitinteressen. Während unabhängige Forscher um Objektivität ringen, verfolgen Unternehmen das Ziel, ihre Produkte möglichst vorteilhaft darzustellen und zu vermarkten. Dieser Interessenkonflikt führt dazu, dass kritische Informationen – etwa zu bestimmten Lebensmitteln – nur verzögert oder gar nicht in die Öffentlichkeit gelangen.

Kritische Stimmen aus Medizin, Ernährungswissenschaft oder Aktivismus, die auf Risiken hinweisen, werden diffamiert – als „extrem“, „militant“ oder schlicht „unwissenschaftlich“ abgestempelt.
Selbst bei klaren wissenschaftlichen Hinweisen auf mögliche Gesundheitsrisiken (z.B. Kuhmilch), reagieren staatliche Stellen und Fachgesellschaften wie die DGE oft nur zögerlich – WENN ÜBERHAUPT!
Wer hier noch an neutralen Verbraucherschutz glaubt … Willkommen im Business, wo Wahrheit stört und Schweigen sich lohnt.

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